Liebe Anwesende,
im Namen des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ heiße ich euch herzlich willkommen!
Ich freue mich, dass so viele dem Auruf des Bündnisses gefolgt sind. Wir wollen uns heute in Frankfurt eindeutig positionieren gegen Rassismus und Hass auf Geflüchtete.
Es ist schon das vierte Mal in diesem Jahr, dass wir an einem Samstag raus auf die Straße gehen. Wir versuchen wieder laut und viele zu sein, und – wenn möglich – uns der Neonazi-Veranstaltung entgegenzustellen.
Unsere Präsenz ist momentan häufiger als in den letzten Jahren gefordert. Was ist passiert?
Wir kämpfen lokal gegen ein bundesweites Phänomen. Die rassistische Stimmungmache und die offene Gewalt gegen Geflüchtete nehmen zu. Allein im Jahr 2014 stiegen Übergriffe mit rechten Hintergrund im Vergleich zum Vorjahr um 23,6 Prozent auf 990 Straftaten. Auch in Frankfurt (Oder) gab es kürzlich Flaschenwürfe gegen die noch nicht bewohnte Unterkunft am Karl-Ritter-Platz. Und allen wird noch der Angriff auf eine Gruppe syrischer Geflüchteter Ende März in Erinnerung sein. Durch die halbe Stadt haben Neonazis sie verfolgt und schließlich krankenhausreif geschlagen. Ich könnte noch weitere Ereignisse aufzählen. Fakt ist: Die Chronik der Gewalt ist mehr als alarmierend.
In Frankfurt werden die rassistischen und asylfeindlichen Aktionen durch die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ organisiert. Sie hat sich in letzter Zeit gut im etablierten neonazistischen Milieu vernetzt, was man auch an den Teilnehmenden der letzten Veranstaltungen sehen konnte. Diese Leute scheuen sich nicht, ihren Hass laut herauszuschreien und ihm auch Taten folgen zu lassen. Wir wollen Rassist*innen und Neonazis keinen öffentlichen Raum zugestehen. Wir setzen uns heute dafür ein, dass Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, unbehelligt durch die Straßen gehen können.
Doch Geflüchtete sind nicht nur mit dieser Form der Feindschaft konfrontiert. Erst kürzlich hat der Bundestag ein neues Gesetz verabschiedet, das Asylsuchende mehr denn je kriminalisiert und vielen von ihnen die Chance auf ein Leben in Sicherheit in Deutschland verwehrt.
Die öffentliche Stimmung wird rassistischer, und das legitimiert den Bundestag, solche asylverschärfenden Gesetze auf den Weg zu bringen. Die Herrschenden bedienen diese Stimmung, wenn sie sich dialogbereit mit PEGIDA und Co. zeigen oder offen Ressentiments durch Rechtspopulismus schüren. Dann nützt es auch wenig, dass Anteilnahme bekundet wird, wenn wieder eine Geflüchtetenunterkunft in Flammen steht.
Und zugleich müssen wir uns auch immer wieder klar machen, was aufseiten der Geflüchteten in letzter Zeit wiederholt gesagt wird: „Ihr zerstört unsere Heimat und wundert euch, dass wir herkommen.“ Die Krisen- und Wirtschaftspolitik des globalen Nordens verursacht zwangsläufig Unterdrückung, Krieg und Hunger. Auch wenn der Krieg in Syrien uns gerade stärker vor Augen ist, gibt es viele andere Regionen, die unter den Folgen einer verfehlten Krisenpolitik, einer ungerechten Weltwirtschaftspolitik oder den Nachwirkungen des europäischen Kolonialismus leiden. Wir dürfen deshalb nicht auch noch den Fehler begehen, Geflüchtete in legitime und illegitime Geflüchtete unterteilen.
Wir – das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ sind ein breiter Zusammenschluss aus zivilgesellschaftlichen Akteuren. Seit 2012 haben wir immer wieder unsere Stimme erhoben, unseren Protest auf die Straße getragen, uns gegen Rassismus geäußert. Die einzelnen Gruppen im Bündnis treten darüber hinaus stets für Ideale wie Demokratie, Menschlichkeit und eine offene Gesellschaft ein.
Wir – das sind aber auch viel mehr Menschen als jene im Bündnis. Mit eurer Anwesenheit setzt ihr ein deutliches Zeichen gegen Rassismus. Ohne euch und euer Engagement wäre die Stadt noch weniger lebenswert.
Gemeinsam können wir es schaffen, heute und an allen übrigen Tagen im Jahr Antirassismus und Antifaschismus in der Stadt fest zu verankern. Unterstützt weiterhin das lokale Bündnis und seine Akteure! Engagiert euch für und gemeinsam mit Geflüchteten! Es braucht einen langen Atem, doch es ist wichtig, wenn wir gemeinsam in einer Stadt leben wollen, die Menschenfeindlichkeit nicht toleriert. Und so für alle (!) und auf Dauer lebenswert wird!